column: laut gedacht – Plus-Size-Model

Ich lese mich durch die Kommentare, die auf meinem Dashboard zur Moderation ausstehen. Es sind so viele liebe Kommentare, aber bei einem stockt mir einen Moment der Atem und ich muss ihn immer und immer wieder lesen. „Du wärst ein wunderschönes Plus-Size-Model.“ Baaaaam, in die Fresse. Das hat gesessen. Normalerweise können mir diese ganzen Kommentare nichts an. Diese Art von Kommentar wird von mir gelesen und anschließend direkt in den Papierkorb verschoben. Bei diesem einen Satz höre ich mein Ego jedoch förmlich knacksen. Ich fühle mich angegriffen und verletzt. Ich überlege, ob ich ihn einfach direkt in den Papierkorb verschieben oder doch meinen Senf dazu geben soll. Letztendlich entscheide ich mich für letzteres und verpacke meine Antwort in Ironie und Sarkasmus. Nur deshalb, damit keiner merkt, dass ich wirklich verletzt bin. So lasse ich das dann stehen.

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Wochen, wenn nicht gar Monate ist es schon her, dass dies auf meinem Blog passierte. Ich hatte schon gar nicht mehr daran gedacht, bis ich abends mit Judith, meiner ehemaligen Mitbewohnerin, bei Wein und Popcorn auf dem Balkon sitze. Wir unterhalten uns über meinen Blog, über Ideen und kreative Tiefs. Sie weiß, dass in mir so viel mehr steckt. Dass ich aus meinem Blog so viel mehr machen könnte. Dass sich die Leute für mich interessieren. Und dann sagt sie etwas, was mich so schnell nicht mehr los lassen würde.

„Leni, ich möchte nicht, dass du dich angegriffen fühlst, wenn man dich als Plus-Size-Model bezeichnet. Schau mal, alle großen Modeblogger sehen gleich aus. Alle tragen das Gleiche. Sie haben alle die gleichen Kooperationspartner. Du bist so viel mehr, kein 0815-Mädchen. Vor allem hast du eins: du hast Kurven. Du hast wunderschöne, perfekt verteilte Proportionen. Männer stehen nicht auf diese dürren Mädchen, sie wollen etwas anfassen. Das alles hast du. Ich weiß, auch wenn du nackt vorm Spiegel stehst bist du wunderschön.“

Ich komme ins Grübeln und letztendlich zum Entschluss, dass sie recht hat. Schon im Februar hatte ich eine Kolumne angefangen, aber nicht die richtigen Worte für das gefunden, was mir durch den Kopf ging. In meinem Kleiderschrank hängen Kleidungsstücke in Größe 36 bis 42. Das sind VIER verschiedene Konfektionsgrößen und jede hat das gleiche Statement: definiere dich als Mensch nicht über eine Zahl oder einen Buchstaben. Sieh „Plus-Size-Model“ als keine Beleidigung. Sieh es als Kompliment.

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Das Gespräch ist noch gar nicht so lange her, gerade einmal ein paar Tage und trotzdem, hat es meine Sicht auf die Dinge schon verändert. Die Jeans, die ich trage hat Größe 38, mein Top 34, mein Pulli ist Größe XL und mein Mantel, den ich auf Grund der kühlen Temperaturen wieder ausgepackt habe, wird von einem L auf dem Etikett geprägt. Ich stehe da und denke mir „Scheiß drauf“. Ich ziehe mich bis auf die Unterwäsche aus und so stehe ich dann vor meinem Spiegel. Da sind verblasste Dehnungsstreifen auf meinem Po und meinen Brüsten mit Körbchengröße D. Dellen auf meinen Oberschenkeln. Da ist keine Lücke zwischen den Oberschenkeln – keine „Thigh Gap“.  Aber das bin ich. Mit hellblauen Augen, schönen Haaren und weiblichen Kurven. Zwar nur 1,67 groß und auch kein Model, aber wenn dem so wäre: Ja, dann wäre ich ein wunderschönes Plus-Size-Model!

loveyourself22

 

 

 

Ich gehe gerne zum Sport, weil es für mich ein Ausgleich zum manchmal sehr stressigen Alltag ist. Ich treffe mich gerne mit Freunden, abends auf ein, zwei Gläser Wein und etwas Gutes zum Essen. Das kann eine leckere Salatbowl sein, aber auch ein saftiger Burger mit lecker Süßkartoffelfries. Ich esse bedacht und ernähre mich weitestgehend gesund aber ich sehe es nicht ein, auf Dinge zu verzichten, nur um anderen Leuten zu gefallen und in dem Medienstrom, der dir sagt, du seist nicht schön, wenn du nicht Size-Zero trägst, mit zuschwimmen. Zumal Plus-Size nicht bedeutet, man sei übergewichtig oder gar fett.

Wie auch ich solltet ihr daraus schließen, dass es da draußen immer Leute geben wird, denen man nicht gefällt. Es wird immer jemanden geben, der dich für deine Körpergröße, dein Gewicht, dein Aussehen allgemein, kritisieren wird. Man kann es nicht allen recht machen. Auf diese Leute kommt es aber auch nicht an. Es kommt darauf an, sich selbst zu lieben. Mit allen Ecken und Kanten, Macken und Fettpölsterchen. Es kommt darauf an, Spaß am Essen und Naschen zu haben, kein schlechtes Gewissen. Denn nur, wenn du dich selbst liebst, werden dich auch andere lieben. Denn nur dann, kannst auch du lieben.

11 Kommentare

  1. Sanna
    16. April 2017 / 23:38

    Leni ich bin so stolz auf dich! Danke für diese ,,Laut gedacht“ Kolumne

    • Leni
      Autor
      17. April 2017 / 22:37

      Danke mein Herz <3

  2. mama
    18. April 2017 / 5:11

    es sind die vielen kleinen dinge im leben, die wirklich zählen – du hast`s mit deiner „laut gedacht kolumne“auf den punkt gebracht – jeder ist einzigartig in aussehen, persönlichkeit u charakter , die wahren werte sollen zählen und nicht die vorgaben, kilo`s und vorstellungen anderer
    chapo :o)

    • Leni
      Autor
      18. April 2017 / 17:02

      immer wieder schön, von dir zu lesen ♥ i love you!

  3. Julia
    18. April 2017 / 10:29

    Vielen Dank für diese Worte.
    Eigentlich weiß man all das… nur fällt es einem manchmal schwer sich daran zu erinnern.

    • Leni
      Autor
      18. April 2017 / 17:03

      Liebe Julia, ja, du hast recht. Eigentlich sollte das auch selbstverständlich sein aber in unserer Gesellschaft werden einfach andere (falsche!) Ideale vorgegeben. Vielen Dank für deinen lieben Kommentar!

  4. lisa
    19. April 2017 / 15:37

    Plus size Models sind meistens viel echter und fast alle haben soooviel Ausstrahlung. Und ich wäre wohl bei einer 38/40 auch schon eine plus-size, obwohl man sich selbst wohl nicht so vorkommt:) Ich verbinde plus-size-models nicht mit dick sein, eher nicht größe 34 zu haben.

    • Leni
      Autor
      19. April 2017 / 17:49

      Da hast du recht 🙂 zumal man mal bedenken sollte, dass der Größte Teil der PS-Models im Katalog auch Gr. 38/40 trägt. Es ist immer eine Frage der Statur und der Kurven, ich finde auch, dass das nichts mit „dick sein“ oder Übergewicht zu tun hat. Man sollte sich wohl fühle, alles andere ist egal ♥

  5. Susi
    20. April 2017 / 11:32

    Hey, ich finde auch dass du ein Plus-Size-Model werden kannst oder Gesichts-Model 🙂 solange du dich in deinem Körper wohlfühlst und nichts verändern magst oder fitter aussehen willst, dann zieh doch trotzdem einen Vorteil draus und benutze die schönen Teile deines Bodys, vielleicht wärst du auch ein tolles Hand-/Fußmodel 🙂 dick sein hat ja nichts mit faul-sein zu tun, wenn man seinen Körper mag, dann ist es eben so 🙂 brauchst dich auch nicht verletzt fühlen, mach das beste draus und sei froh dass du trotzdem schöne Vorzüge anbieten kannst, andere können das nicht..xoxo

    • Leni
      Autor
      20. April 2017 / 16:41

      Hallo Susi,
      wie du schon sagst, muss man sich in seinem Körper wohl fühlen 🙂 aber Plus-Size sein hat keineswegs etwas mit „dick sein“ zu tun oder damit, nicht fitter zu sein, als andere. Das definiert jeder für sich und das ist auch gut so. Alles Liebe!

  6. V
    11. März 2018 / 8:39

    Hi, lass dir von niemanden was einreden, dass du zu dick wärst. Du bist hübsch, so wie du bist! Wenn ich dich sehe mit deinen blauen Augen und deinem hamma Lächeln, dann bin ich jedes Mal hin und weg von dir. Ich muss mich dann immer anstrengen keinen quatsch zu erzählen oder doof rüber zukommen.

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