Schande über mein Haupt, ich habe mir doch tatsächlich erneut Tinder runtergeladen. Tinder und ich führen eine On-Off-Beziehung.
Ich glaube, es ist an der Zeit diese Beziehung endgültig zu beenden.
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Ich sitze im Wartezimmer und warte darauf, dass ich aufgerufen werde. Mein Bein brennt, es tut weh, es ist entzündet. Eine Wespe hat mich gestochen und als Allergiker habe ich (natürlich…) kein Erste-Hilfe-Kit dabei gehabt, als es passierte. Es dauert wieder Ewigkeiten, ich bin schon lange über meinen ursprünglichen Wartezeit und ich blättere so durch den virtuellen Männerkatalog: links, links, links, rechts, links, links, links – OHA – rechts!! Aus meinem Handy heraus blicken mich stahlblaue Augen an und ohne groß darüber nachzudenken tippe ich wie wild eine Nachricht ein – senden. Im selben Moment blinkt mein Handy: neue Nachricht von T. Das ging schnell – Zwei Doofe, ein Gedanke! Sein Schreibstil wirkt sympathisch. Es geht eine Weile hin und her, er fragt, ob ich mich abends mit ihm treffen möchte. Ich will erst absagen, so wie ich es immer mache, aber ich überwinde meinen inneren Schweinehund und sage zu. Die Ärztin ruft mich auf. Es dauert eine Weile, ehe ich das Sprechzimmer wieder verlassen kann. Ich hinke nach Hause. Ich habe also ein Date. // Als wir uns am verabredeten Treffpunkt treffen ist es super entspannt. Ich werde mit einem Küsschen auf die Wange begrüßt. Verdammt, diese Augen… Er ist sympathisch, er hat ein freundliches Lachen und die Begegnung ist so überhaupt nicht unangenehm. Er hat Wein mitgebracht, ich zwei Gläser. So sitzen wir im Stadtpark, erzählen uns Geschichten, lachen über die Jugendlichen, die neben uns ordentlich Krawall machen. Wir reden über unsere Verflossenen, bisherige Tinderbekanntschaften und missglückte Dates. Ich erzähle ihn von einem meiner Dates, als mich meine Freundin Jana in Tränen aufgelöst (Schauspielern kann sie!) anrief um mich aus einem Katastrophendate zu befreien. Er springt auf, stellt sein Glas hin, formt seine Hand zu einem Telefon und sagt
„Also ja, äh, war super, ne. Ich ruf dich an“.
Er grinst frech und setzt sich wieder neben mich. „Der Klassiker“ sagt er und nippt an seinem Wein. Meine Story schien ihn zu belustigen. Die Zeit vergeht wie im Flug. Er legt seinen Arm um mich, streichelt mir über die Schulter, schenkt mir Wein nach. Er ist sehr höflich und aufmerksam. Ich lehne mich an seine Schulter und da küsst er mich. Es ist vorsichtig, herantastend, nicht bestimmend. Es ist angenehm aber dennoch irgendwie merkwürdig. Ich möchte nach Hause. Da ich direkt am Stadtpark wohne, möchte ich laufen aber T. besteht darauf, mich nach Hause zu fahren. Er nimmt mich an der Hand, wir gehen zu seinem Auto. Als wir vor meiner Tür stehen blickt er mich an und sagt, dass er sich schon auf unser nächstes Treffen freut. „Wir machen einfach einen zweiten Dienstag in dieser Woche.“ Zum Abschied küssen wir uns vorsichtig, ich öffne die Autotüre, gehe zur Haustüre und stecke den Schlüssel ins Schloss. Ich drehe mich nicht nochmal um, wie ich es normalerweise mache.
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Es ist lustig, denn seit diesem Treffen sind zwei Wochen vergangen und ich habe T. seither nicht mehr gesehen. Er hat dann wohl den Klassiker gebracht. Wir haben noch ein paar Tage nach unserem Treffen hin- und her geschrieben, uns für nach meinem Urlaub verabredet – von ihm aus! Dann bricht der Kontakt ab – von heute auf morgen. Ich hätte mich auch weiter bemühen können, aber ich habe schlichtweg keinen Bock für einen erwachsenen Mann den Alleinunterhalter zu spielen. Wieder einmal stellt sich mir die Frage, warum es Männer nicht schaffen Frauen einen anständigen Korb zu geben. Gerade von einem Mann im Alter von 30 Jahren kann man doch erwarten, dass er einen Arsch in der Hose hat. In Zeiten von Whatsapp und Facebook geht das doch super einfach. Eine kurze Nachricht, frei nach dem Motto „Hey, war ein super Abend aber der Funke ist leider nicht übergesprungen…“
Ich erwarte nicht mal eine Entschuldigung.
Ich erwarten schlichtweg einfach nur RESPEKT!
Aber offenbar gibt es nur noch eine Hand voll Männer, die diesen Respekt vor einer Frau haben – mir ist jedenfalls noch keiner von dieser vom aussterben bedrohten Spezies begegnet. Zumal so etwas nach dem ersten Treffen schon vorkommen kann: die Chemie hat zwar gestimmt aber halt irgendwie dann doch nicht.
Also Männer, zeigt mal, dass ihr tatsächlich das „starke Geschlecht“ seit und kneift nicht, wenn es darum geht, seinen Mann zu stehen. Wir wollen euch ja nicht gleich heiraten!
In diesem Sinne:
Cheers, ich ruf dich an! xx
Photo by Priscilla Du Preez on Unsplash
tinder ist auch so ein phänomen, um das ich bisher zum glück herumgekommen bin, aber ich kenne auch zahlreicher solcher geschichten meiner freundinnen. dates über dates, nachricht um nachricht und am ende sind es doch alles nur irgendwelche eintagsfliegen. oder die typen haben ne macke =)
Sehr gut geschrieben, Tochter 🙂 Wie du ja weißt, ging es mir auch manchmal so. Verstanden habe ich es auch nie. Wie du geschrieben hast, ist es eine Frage des Anstands. Anyway… es gibt auf jeden Fall einen Mann in deinen Leben, der es dann auch macht, wenn er sagt: ich ruf dich an 😉
Die meisten Typen haben tatsächlich ne Macke 😀 super formuliert! Halt dich davon auch lieber fern, ich werde die App auch wieder löschen!
Gott sei Dank! Wäre ja schlimm, wenn du das auch nur so sagen würdest, Papa… <3
wer war da nochmal das schwache geschlecht?!
da haben wir es 🙂 es ist doch in so vielen Weisen bewiesen, dass WIR es nicht sind!
Ich bin so froh, dass du jetzt mehr solche Kolumnen schreibst! Du bist echt der Brüller, Leni! Ich liebe es wie du schreibst!!