Ich verbringe von Tag zu Tag weniger Zeit bei Facebook, denn jedes Mal, wenn ich die Seite öffne, springen mir die „Breaking News“ entgegen. Die Ex-Kollegin ist schwanger, die graue Maus von früher hat sich verlobt, der ehemalige Sandkastenfreund baut ein Haus.
Hello from the other side: da gibt es mich, mit einem Weinglas in der Hand, das freie Leben freudestrahlend zelebrierend. NOT! Ich möchte nicht sagen, dass es der Neid ist, der mich zu diesem Handeln bewegt und dass ich deshalb versuche die Timeline meiner Social Networks zu meiden. Wobei… Doch, ein klein wenig schon. Als ich noch ein kleines Mädchen war, war es immer mein Traum, so alt wie meine Mama zu sein, wenn es an die Zukunftsplanung geht. In einer glücklichen, konstanten und dennoch nicht freiheitsberaubenden Beziehung zu sein. Einen geregelten Tagesablauf zu haben, zusammen zu leben, abends gemeinsam zu essen. Einen festen Job zu haben. Übers Kinderkriegen nachzudenken. Die Vorstellung eine junge und ziemlich coole Mutter zu sein fand ich irgendwie abgefahren. Manchmal klingt es fast ein bisschen spießig, wenn ich Leuten davon erzähle, wie ich alles gerne gewollt hätte. Vielleicht bin ich in dieser Hinsicht aber auch ein wenig spießig und altmodisch. Damals wusste ich aber auch noch nicht, dass das alles hier echt anstrengend sein kann. Mit alles meine ich das, was man „Leben“ nennt. Gelegentlich stellen sich bei mir nun doch die Nackenhaare auf, wenn ich mir nach einem stressigen Tag vorstelle, meinen dringend benötigten Schlaf zu unterbrechen um die Windeln meines schreienden Kindes zu wechseln oder zwischen Arbeit und Haushalt noch Krabbelgruppenstunden mitzumachen. Versteht mich nicht falsch, es ist ein herrliches Gefühl, so ein kleines Wesen in den Armen zu halten. Dieses Gefühl verspüre ich schon immer, wenn ich meine kleine Cousine im Arm halte. Wenn es dann noch dein eigen Fleisch und Blut ist, stellst du fest, dass du diesen kleinen Menschen mehr liebst, als dein eigenes Leben. Der Haken: ich fühle mich gerade im Moment nicht bereit dazu. Der noch größere Haken ist aber, dass der potentielle Kandidat dazu ohnehin fehlt. So sehr ich mich also für all die Menschen, die mir da tagtäglich mit Babybauch, Ring am Finger oder Baustellenfotos entgegen strahlen, freue, ertrage ich es nicht wirklich. Einerseits ist da diese Sehnsucht, andererseits aber auch dieses „Bitte lass mich bloß damit in Ruhe!“
Obwohl ich erst Anfang, oder sagen wir, Mitte 20 bin, kenne ich die leidige Frage auch schon: „Und Leni, wie sieht es bei dir zwecks Liebesleben und Familienplanung aus? Gibt es jemanden?“ Das ist die Frage, bei der ich momentan am liebsten schreiend davon rennen möchte. Yesss, der peinliche Moment ist vorprogrammiert. Gibt es hier abgesehen von einer abgefahrenen Liebesgeschichte überhaupt eine richtige Antwort? Mit 23 muss man doch noch keine Torschlusspanik kriegen. Ich hab doch noch Zeit! Oder?
Zum Alltagstrott gesellt sich dann doch auch gerne mal der Freizeitstress. Neben der Arbeit und dem Sport noch alle möglichen Leute, die alle unterschiedliche Tätigkeiten und Arbeitszeiten haben, unter einen Hut zu kriegen, kann echt ganz schön schnell im Stress enden. Manchmal bleibt da dieses „Ich gehe nach der Arbeit nach Hause und mache einfach mal gar nichts“ ganz schön auf der Strecke und ich muss gestehen, dass ich dieses „nichts tun“ gar nicht richtig kann, obwohl es mir echt nicht schaden würde. Vielleicht führt das aber auch einfach daher, dass man bei diesem „Nichts tun“ doch anfängt etwas zu tun, nämlich nachdenken. Und dann, wenn ich nachdenke, kommt die Einsicht, dass mir etwas fehlt. Ein Begleiter. Eine starke Schulter, an die ich mich lehnen kann. Ein Fels in der Brandung. Jemand, bei dem ich mich mal richtig über meinen missglückten Tag auslassen kann. Einer, der das, was ich sage ernst nimmt, mir verspricht, dass alles gut wird und trotzdem irgendwann beginnt zu lachen, wenn ich in meiner Wut wie Rumpelstilzchen ums Feuer tanze. Ein Partner. Jemand, mit dem ich schreien und schweigen, lachen und weinen, streiten und lieben, total normal oder total verrückt sein kann. Und wenn ich dann diese Einsicht erlangt habe und total melancholisch werde tut sich mir die nächste Frage auf: gibt es da draußen überhaupt jemanden, der so ist und der dann auch noch zu mir passt? Findet man heutzutage tatsächlich noch einen Mensch, der aufrichtig und ehrlich ist, der quasi der Deckel auf deinen Topf ist und nicht nur die Alufolie für einen kurzen Moment zum Warmhalten?
Ehrlich gesagt habe ich schon lange auf sowas von dir gewartet, aber da ich eher stiller Leser bin, wollte ich das nicht direkt ansprechen. Mag die Art, wie du schreibst. Irgendwo mit Witz, aber auch mit Ehrlichkeit und frei Schnauze. Das gefällt mir! Ich hoffe, dass du dahinter bleiben und mehr in deiner Kolumne schreiben kannst! Alles liebe xx